Woran wir uns erinnern - und warum das wichtig ist
Ein kleiner Ausflug in die eigene Vergangenheit ...
Als ich heute morgen zum Taschentuch griff, katapultierte ich mich damit höchstselbst in die Vergangenheit.
In eine Kindheit mit Menthol-Taschentüchern, Wick Vapo-Rub bei Erkältungen im Winter und einer Großmutter die Tüchlein mit Lavendel-Cologne im Sommer in der Handtasche spazieren führte.
An "Mini-Milk" und "Brauner Bär" Eis am Kiosk, Hörnchen mit Sahne beim Italiener und Fürst Pückler Eis bei meiner Tante zuhause.
An Nudelsalat mit massig Fleischwurst und Mayonnaise und Tomatensalat mit ebenso viel Zwiebeln. Und an den ewigen Streit zwischen meiner Großmutter und meiner Tante, ob jetzt weißer oder schwarzer Pfeffer der bessere sei und welcher wann angewendet werden müsste.
Ich bin dieses Jahr 54 geworden - die Erinnerungen sind also zum Teil bis zu 50 Jahre alt. Ein halbes Jahrhundert. Und dennoch greife ich bis heute automatisch zu Menthol-Taschentüchern, sobald ich ihrer habhaft werden kann, liebe den Geruch von Lavendel und bin der Firma Wick und auch ihren moderneren Erkältungsmitteln bis heute treu, egal, was andere Menschen sagen. In meinem Schrank befinden sich beide Pfeffersorten und inzwischen noch drei mehr und ich setze sie ein, je nachdem, welche Geschmackserinnerung gerade gelebt werden möchte.
Und ja, aus beruflicher Sicht muss ich sagen: Genau so funktioniert Werbung, die funktioniert! Und ich gehe noch weiter: Die eigentliche Werbung spielt in diesem Prozess die kleinste - aber auch die wichtigste Rolle! Denn sie sorgt dafür, dass der Kunde darüber informiert wird, dass es ein Produkt oder eine Dienstleistung gibt! Was sie jedoch NICHT kann ist, die Prägung erzeugen, die dafür sorgt, dass ich auch 50 Jahre später noch die Produkte einer gewissen Marke nutze - das kann nur das Produkt selbst.
Aber nehmen wir das Ganze doch noch mal ein Stückchen weiter auseinander!
Denn bei näherem Hinschauen fällt auf, dass mich nur ein Teil der im ersten Absatz genannten Dinge bis heute begleitet. Andere wiederum sind Erinnerung geworden. Teile einer Geschichte, die man noch erzählt und sich an ein gutes, ein wohliges Gefühl erinnert, sich einen kurzen Moment in die Vergangenheit entführen lässt um dann wieder in den Alltag in der Gegenwart zurückzukehren. Und das, obwohl alle Erinnerungen zeitlich gesehen, aus der gleichen "Ära" stammen. Warum also haben es die einen bis in die Gegenwart geschafft und die anderen nicht? Und warum haben ganz andere Produkte in meinem Leben sogar "Herr der Ringe" gespielt und "Hin und wieder zurück" geschrieben? Dinge wie Spülmittel, Haarshampoo oder Waschmittel zum Beispiel, die - obwohl ich sie alle aus der Kindheit kenne - immer nur eine Nebenrolle in meinem Alltag spielen und deren Plätze immer wieder mit Statisten statt mit Hauptdarstellern besetzt werden oder wurden. Meine Kindheit war geprägt von Pril und später Fairy ultra, Persil und weißer Riese, Schauma und Fa. Mein Leben von einem bunten Mix aus zig unterschiedlichen Produkten verschiedenster Hersteller von denen keines sich jemals einen festen Platz bei mir erobern konnte. Was also ist der Unterschied?
Grübelt nicht länger - denn die Antwort die ich Euch jetzt gebe, ist ebenso persönlich, wie mir jeder von Euch ebenso persönliche Antworten nennen könnte und auch würde und ich trau mich wetten: Jeder von Euch hat ebenso wie ich eine Liste von Produkten, die ihn oder sie bis heute begleiten und welchen, die es eben nicht geschafft haben, einen festen Platz zu ergattern. Und bei mir ist der Grund tatsächlich der Geruch. Ich bin ein sehr geruchsorientierter Mensch - allerdings dort wiederum sehr breit aufgestellt. Saubere Wäsche riecht nach sauberer Wäsche - ganz egal, welches Waschmittel ich genommen habe. Täte sie es nicht, würde das verwendete Waschmittel in der Tonne landen. Wonach sie letzten Endes riecht, bestimme ich mit entsprechenden Zusätzen wie Weichspüler oder Wäsche-Deo und DIE wiederum wähle ich eben genau nach dem Geruch aus und nicht nach der Marke. Da kann mir die Werbung noch so viel erzählen - das wird nix, wenn der Geruch nicht passt. Und wenn er passt, ist mir die Werbung auch egal, denn meine Nase hat entschieden.
Über die Prägung, die viele - wenn nicht sogar die meisten Menschen - bei Nahrungsmitteln haben, müssen wir damit, glaube ich, an dieser Stelle nicht weiter reden! Es zählen die Konsistenz und der Geschmack - die Werbung dient einzig und allein dazu, den Menschen zu zeigen, dass es dieses Produkt gibt. Und dennoch ist es wichtig, dass ein Mensch sich eben mit dieser Werbung "identifiziert" sobald er das Produkt wahrnimmt. Tut er das nicht, wird er ihm keine erste Chance geben und damit hat die Werbung ihr Ziel verfehlt! Das zu erreichen ist Teil der "Zielgruppenbestimmung" - die wiederum eine überwiegend "rechnerische" Größe ist. Aber auf diesen Umstand werde ich in einem anderen Blogartikel einmal tiefer eingehen.
Denn aus gegebenem Anlass stellte sich mir gestern eine ganz andere Frage: Wie ist das mit der Prägung eigentlich bei Dienstleistungen? Also immer dann, wenn ich als Mensch meine Zeit und meine Fähigkeiten in den Dienst anderer Menschen stellen möchte? Was entscheidet dann darüber, ob ein Mensch mich und meine Dienstleistung beansprucht oder anfragt?
Nach fast fünf Jahren Selbstständigkeit sage ich: Sympathie und Vertrauen!
Und genau DAMIT sind wir bei dem teilweise genau schwersten Punkt für jung selbstständige Dienstleister. Denn in einer Welt, in der Werbung gefühlt nur noch online stattfindet, scheint es umso schwerer, genau diese beiden Punkte abzudecken. Und genau an dieser Stelle beginnt etwas, das ich als "das Dienstleister-Paradoxon" bezeichne, denn: Die virtuelle Welt ist in ihrem Einfluss nicht planbar!
Und genau zu diesem Punkt wurde auch mir genau gestern erneut etwas vor Augen geführt, das viele meiner Kollegen in ihrer Arbeit mit jungen Selbstständigen gerne vergessen: Der Weg des Einzelnen an den Markt ist immer individuell. Es gibt zwar bei jeder Gründung Dinge, die der Gründer am besten noch in der richtigen Reihenfolge machen MUSS, doch wie derjenige was wann wo mit wem angeht, ist IMMER individuell zu ermitteln. Und beginnt für den Coach, der ihn dabei begleitet, IMMER mit der Frage: "Was willst DU?"
Dinge und Tätigkeiten, die mich begeistern, die ich gerne mache, die mich beflügeln - die werde ich meinem Umfeld sogar zur Erledigung anbieten, wenn ich NICHT dafür bezahlt werde. Einfach, weil ich sie gerne tue und das auch immer noch, wenn ich dafür Geld bekomme. Dinge, die ich beherrsche, weil ich sie irgendwann einmal gelernt habe, die ich aber nur wegen des Geldes tue, werden nie das gleiche Gefühl und die gleiche Begeisterung in mir auslösen. Ich werde naturgemäß weniger offensiv darüber reden und sie bis hin zu gar nicht aktiv anbieten. Weil ich sie selbst nicht mag. Und selbst, wenn Du planst, Produkte herzustellen, werden es mit Sicherheit genau DIE sein, deren Herstellungsprozeß Dir leicht von der Hand geht und Spaß macht - von A bis Z und nicht nur in der Mitte. Wenn Du ein Mensch bist, der gerne eine gewisse andere Menschengruppe um sich oder im Kontakt hat, wirst Du Deine Dienstleistung auf genau diese Menschen auslegen - ob Du Dir dessen bewusst bist, oder nicht. Und eigentlich ist das schon alles, was Du wissen musst, um Dein Angebot und Deine Zielgruppenbestimmung "rund" zu machen.
Und genau das ist eben gestern auch wieder mir passiert! Mein Angebot bin nämlich "ich" - mit all meinen Fähigkeiten aus 54 Jahren Leben, verschiedensten Ausbildungen und insgesamt über zwei Jahrzehnten Selbstständigkeit in verschiedenen Branchen und Bereichen. Ein Angebot, das ich nicht in Onlinekursen verkaufen, oder in Reels oder TikTok Videos bewerben kann, denn genau das bin ich NICHT! Selbst die Preisliste auf meiner Website ist unvollständig! Mein Medium ist der Text, der Mensch und der Alltag und so lernen meine späteren Kunden und Klienten mich meist auch genau darüber kennen. Sie entscheiden, ob ich ihnen sympathisch bin und in einem zweiten Schritt, ob sie mir, meiner Erfahrung und meinen Aussagen vertrauen. Sie beginnen, mir Fragen zu stellen, ihre Probleme mit mir zu teilen und nach Lösungen zu fragen. Und irgendwann kommt es zu einer Zusammenarbeit. Die dann im Übrigen in den meisten Fällen über Jahre geht, denn ich sehe mich nicht nur als Berater, ich sehe mich auch als Begleiter. Als Lexikon, das Du auch nachdem es ein Jahr im Schrank gestanden hat, wieder aus seinem Fach holen und abstauben darfst, weil Du nach etwas suchst, von dem Du Dir sicher bist, dass es sich darin verbirgt. Aber auch als Freund, bei dem man sich einfach mal auskotzen kann, weil gerade alles nur noch rückwärts und bergrunter läuft. Die meisten meiner Kunden sind über die Jahre zu Freunden geworden, auch und gerade die, die mich beruflich inzwischen schon lange nicht mehr brauchen, weil ich mich selbst unnötig gemacht habe.
Denn das ist mein Ziel: Ich möchte Dich dahin bringen, dass ich am Ende allenfalls noch "der Tresor" für Deine Grafiken bin, die wir zusammen entworfen haben oder auch "das Lager der Erinnerungen an Deine Anfänge" und dass Du ansonsten alleine fliegst. Und dass ich ab und zu meinen Besen mal bei Dir im Hof landen kann und wir uns gemeinsam an den Tag erinnern, an dem Dein Traum von einem selbständigen Leben begann, Gestalt anzunehmen.
Denn ich liebe, was ich tue!
Herzlichst
die Hex
Britta
